Freitag, 4. Januar 2019

Abendveranstaltung


Das ist ein perfider Tag. Er hat mit mir um 10 Uhr einen Termin ausgemacht und ihn fünf Minuten vorher abgesagt weil er gestern eine Abendveranstaltung hatte. Dann hat er das Wasser in der Wohnung abgestellt und dafür einen Großteil davon in den Keller verlegt. Schließlich sagt er, ich solle die Heizung ausschalten weil sonst alles explodiert und das irgendwie unangenehm wäre, da der Winter vor der Tür stehe. 

Ich sag, ich mach nicht auf.
Aber der Tag zwingt mich. 

Ich stehe also mit meiner Wärmflasche vor der Tür und die Winterblätter klatschen mir ins Gesicht. Die Abendveranstaltung von gestern hat sich mittlerweile selbstständig in meinen Kopf verlegt und sich von einem harmlosen Event zu einem Tornado entwickelt. Sie fegt unerbittlich über meine Synapsen hinweg. Ich begrüße den Winter kurz und weise ihn darauf hin, dass er das nächste mal vorher fragen möge, ob er vorbeikommen kann. Er streicht mir ein paar Winterblätter aus dem Gesicht und grinst mich an. Ich nehm ihn mit nach oben. Wir setzen uns auf den Fußboden und machen das Fenster auf. Dann nimmt er mir die Wärmflasche ab und wirft meine Bettdecken aus dem Fenster. Wie das so ist mit Gästen, sie dürfen sich einiges erlauben. Er möchte einen neuen Termin mit mir ausmachen. „Wie wär’s morgen um 10?“, fragt er. Ich nicke stumm. Der Tornado in meinem Kopf ist kaum noch auszuhalten. Ich mag den Winter eigentlich, wir verstehen uns. Aber… Bevor ich weiterdenken kann, fällt aus dem Wirbelsturm in meinem Gehirn ein Gedanke heraus. Der Winter sauge mir nur Energie, sagt der Gedanke. Ich verdränge ihn schnell. „Nein“, sagt der Gedanke, „ich bin noch da“. „Na gut", sage ich. 

Ich schicke den Winter auf eine Abendveranstaltung, auf der er elf Bier trinken muss, drei Jägermeister von der Bedienung ausgegeben bekommt und dazu Billiard spielt. In der Hoffnung, dass wir uns morgen nicht wieder sehen. 






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